Kommentar

Evokation I


Evokation bedeutet Anrufung. Die Römer riefen die Götter der Stadt, die sie belagerten, heraus, um ihre Gunst auf ihre Seite zu ziehen. Die Intensität dieses Vorganges findet ihre Entsprechung in einem differenziert artikulierten Wiederholen - alles ist in irgendeiner Weise Wieder-Holung, sei es über größere Zeiträume hinweg oder in größter Nähe übereinandergeschichtet und der beständige Umgang mit Redundanz erzeugt einen Zustand, der, auch wenn er in einer Spannungskurve dargestellt wird, so doch Geschlossenheit, wenn nicht sogar Eingeschlossenheit vermittelt.

Eine extreme Verdichtung von Klaviersample-Impulsen führt dazu, dass die klangfarbliche Identität in ihrer größten Dichte Überbordend über sich selbst hinausgreift: Es entstehen Tonbündelungen, Intervalle, gezogene oder schwebende Klänge, deren Stauchung und Spreizung zusätzliche Farbwerte erzeugt. Durch eine vielfache Überlagerung des Gleichen mit sich selbst in minimalen Zeitverschiebungen entsteht aus der Erkennbarkeit von Zeitverhältnissen - d.h. rhythmischer Struktur - die Wahrnehmung von manchmal wind- und rauschhaften Gesten, deren Charakter archaische, poetische und psychistische Momente in sich einschließt.

Die bei der Realisierung des Stückes beteiligten Programme waren neben dem Kandinsky Music Painter Digidesign und ProTools, die Klangverarbeitung erfolgte unter Zuhilfenahme parametrischer Filterung und Verstärkung am Mischpult des Synclaviers.

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